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Stutgarter Zeitung vom 20.Mai 2005
Der Kreidler-Papst vom Rems-Murr-Kreis Sammlerleidenschaften (8): Der Welzheimer Axel Geist hortet in mehreren Garagen einen echten Zweitakterschatz
WELZHEIM. In Sammlerkreisen hat er einen Namen. Axel Geist wird von Insidern der „Kreidler-Papst vom Rems- Murr-Kreis“ genannt. Der 35-Jährige winkt lachend ab. Aber was an Mopeds in der Werkstatt hinter seinem Friseursalon steht, kann sich wirklich sehen lassen. Von Thomas Schwarz
Acht Jahre lang hat die Kreidler Florett in der Werkstatt warten müssen, bis sie wieder einmal in Betrieb genommen wird. Nachdem sie vom Hochregal gelupft wurde, wird nun „gedappt“. „Blamier’ mich jetzt bloß nicht“, beschwört Axel Geist die Maschine, Baujahr 1957. Und das legendäre Moped lässt seinen Besitzer nicht im Stich. Nach einem kurzen Ausflug vor das Haus, wo vergeblich versucht wird, den Motor anzuschieben, springt er nach dem dritten Anlauf an. Eine bläuliche Abgaswolke wird in die alte Werkstatt geblasen und der typische Sound zwingt Geist und seine beiden begeisterten Besucher, die Unterhaltung schreiend fortzusetzen.
Trotzdem: die Augen glänzen, denn ein so schönes Florett-Exemplar ist selten. Auf dem Regal stehen drei weitere Zweiräder. Zwei sind ebenfalls von Kreidler, auf den ersten Blick völlig andere Modelle als die Florett, doch der Eindruck täuscht. „Der Rahmen ist praktisch identisch“, erklärt Axel Geist. Die meisten Teile der beiden Maschinen aus den 70er Jahren kann man mühelos mit denen der 20 Jahre älteren tauschen. „Bei Kreidler hat man sich halt was gedacht“, sagt Geist und die Besucher nicken zustimmend. Die Mopedmarke aus Kornwestheim hat unter Fans einen Ruf wie Donnerhall, obwohl sie seit 1982 nicht mehr hergestellt wird. Ersatzteile bekomme man jedoch problemlos, erzählt Geist. Der Oldtimermarkt sei ein riesiges Geschäft, sagt der 35-jährige Welzheimer, der den Friseursalon an der Wilhelmstraße von seinen Eltern übernommen hat. Sein Großvater hat in der angrenzenden Werkstatt zuvor ebenfalls der Zweiradleidenschaft gefrönt, allerdings beruflich. „Er hat hier eine NSU-Werkstatt gehabt“, sagt Geist, der selbst noch eine NSU Lux besitzt – ebenfalls ein legendärer Zweiradoldtimer aus den 50er Jahren. Ihm sei es jedoch am liebsten, wenn er ein Fahrzeug mit allen Teilen bekomme. „Da muss man nicht erst lange suchen.“ Dann wird geschraubt, geputzt und montiert. „Ich mache alles selbst, vom Lackieren bis zum Einspeichen.“ Schon als Kind sei er von Mopeds begeistert gewesen. „Das kommt wahrscheinlich von meinem Großvater.“ Zuerst habe er wie viele andere Jugendliche an einem Mofa herumgebastelt und dieses – nun ja – frisiert. So richtig losgegangen mit den Mopeds sei es jedoch erst 1991. Während eines Urlaubs habe er eine Anzeige gelesen, in der eine Florett angeboten wurde. „Nach dem Urlaub habe ich sie dann gekauft.“ 15 Maschinen besitzt Axel Geist, mittlerweile ist er jedoch auf Autos umgestiegen. Alte, versteht sich, die man wieder aufbauen muss. Doch in der Werkstatt weckt der Anblick der Mopeds seine Begeisterung. „Die hier ist ein richtiges Geschoss“, sagt er und deutet auf eine Kreidler RS Baujahr 1974 mit Rennauspuff. Eine Besonderheit stellt ein Vorkriegsmoped Marke Presto aus Chemnitz dar. Es wirkt wie ein Fahrrad, hat auch Pedale und ist, so Geist, ein Vorläufer des Mofas – allerdings mit 98 Kubikzentimeter Hubraum, 2,25 PS und einer Spitzengeschwindigkeit von nahezu 75 Stundenkilometern. „Das Ding hat eine Rücktrittbremse wie ein Fahrrad. Bei hoher Geschwindigkeit ist das lebensgefährlich.“ Wie die anderen Maschinen ist auch die Presto 210 fahrbereit. „Sprit ist immer drin“, so Geist, der im Moment jedoch nicht damit fährt. „Keine Zeit. Und bei dem Hobby braucht man viel davon.“
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