Tagebucheintrag vom 28.12.2005
 
Exkurs: Der Sudan - von Claudia
 

Der Sudan ist ein sandiges, ein staubiges Land. Zumindest in dem von uns befahrenen Teil. Und der Sudan ist ein widerspruechliches Land. Das faengt schon bei den Klimazonen und der Geographie an. Wir haben die Wueste des Nordens durchfahren, dort bildet der Nil ein schmales gruenes Band, alles andere ist ungastliche Wueste aus Sand und Gestein, kaum Leben. Tagsueber heiss, Nachts kalt. Suedlich von Khartoum ist immerhin vermehrt Landwirtschaft moeglich. Getreideanbau und Viehhaltung, irgendwo muessen auch die dicken roten Bohnen fuer das Nationalgericht fuul angebaut werden.
Khartoum eine lebendige Grossstadt. Rund um Khartoum ist die Industrieader des Landes angesiedelt. Im Sueden des Landes speist der Weisse Nil den Sudd, ein riessiges Sumpfgebiet. Tropischer Klima, feucht heiss erfreut hier Mensch und Tier. Wir haben nur ein kleines Stueck Sudan gesehen, durch den immer noch waerenden Buergerkrieg war das grosse Gebiet Dafur nicht zu bereisen, zwar soll der Sueden inzwischen befriedet sein (es gibt ein eigenes Parlament und in zwei Jahren soll ueber eine Autonomie abgestimmt werden) doch auch hier ist das Reisen zur Zeit immer noch kaum moeglich. Durch den Buergerkrieg ist die Infrastruktur total zerstoerrt. Und hier sind wir gleich beim zweiten Widerspruch. Die Sudanesen, die wir kennengelernt haben, waren alle sehr freundlich und nett, es sind im Prinzip genau die gleichen Menschen, die ein paar hundert Kilometer weiter ihre eigenen Landsleute umbringen oder dies zumindest zulassen. Der islamische Norden gegen den afrikanischen Suedwesten - so hat es ein junger Mann aus Darfur beschrieben. Wir sind besser informiert was im Land geschieht wie die Menschen im Sudans selber, bestaetigte uns dieser junge Mann. Die Menschen im Norden Sudans sind daran auch nicht interessiert. Er hat die verbrannten Doerfer und die Leichen in Dafur gesehen und sagt es ist ganz klar ein Voelkermord was dort immer noch geschieht. Er will weg, sein Traum ein Studium in Europa oder USA. Der arabische Norden kann oft nicht einmal mit dem Sueden kommunizieren und umgekehrt.
Wir trafen in Abri einen Sudanesen aus dem Sueden, der kein arabisch spricht, also mit seinen eigenen Landsleuten in englisch kommunizieren muss, soweit dies von ihnen verstanden wird. Der Sudan ist ein reiches Land, reich an Bodenschaetzen, reich an landwirtschaftlicher Flaeche, reich an Wasser (ein zentrales afrikanisches Problem) - doch was nuetzt dieser Reichtum, wenn er nicht gemeinsam genutzt werden kann, wenn Geld und Energie auf einen sinnlosen Krieg verschwendet werden? Der Norden braucht das Oel des Suedens und ein separierter Sueden ist nicht lebensfaehig. Der Sudan ist ein riesiges Land und muss mit der mit dem Linial gezogenen Grenzziehung durch die Kolonialmaechte fertig werden. Da wir den Sudan als sehr positiv erlebt haben, hoffe ich dass die gelingt.
Extrem unterschiedlich sind auch die Lebensbedingungen im Land. Wir haben die Bauern im Norden gesehen, die entlang des Nils immerhin genug fuer sich anbauen. Wir wurden zu Linsenbrei und Crepe eingeladen, haben freundliche Nomaden auf ihren Kamelen getroffen und ueberall ein gutes und sicheres Gefuehl gehabt. In Khartoum trifft man die Armut und den Reichtum. Die Bettler vor den Moscheen, die Menschen in abgerissener Kleidung und die nach der neusten Mode gekleideten Teenager, die mit dem Fotohandy spielen und sich jeden Tag Hamburger leisten koennen oder die Oberschicht, die im Blue Nil Sailing Club an einem Segelturnier mit anschliessendem Familienfest teilnimmt. Die UN schickt Panzer, auf unserem Weg Richtung Aethiopien haben wir die weissen UN Panzer gesehn, die ueber Port Sudan ankamen und jetzt mit dem Tieflader Richtung Darfur fahren. Da die Strassen dorthin eine Katstrophe sind wird es noch eine Weile dauern bis sie dort angelangt sind. In Khartoum haben wir viele UN Fahrzeuge gesehn, doch in Khartoum ist alles ruhig und friedlich.
Wir haben uns trotz dieser Gegensaetze, trotz des politischen Systems (die Polizei ist allgegenwaertig) und obwohl wir von den Problemen des Landes wissen wohl gefuehlt. Als Tourist bekommt man auch ein anderes Gesicht des Landes zu sehen: effiziente und korrekte Einreisebeamte, freundliche Bewohner und Sicherheit. Der Sudan ist nicht nur ein islamisches Land, es gilt auch die Sharia (das islamische Recht), das der nicht islamische Sueden des Landes ablehnt. Fuer die Menschen des Landes eine Buerde, fuer den Touristen ein Vorteil, den das Land ist sehr sicher. Wir konnten die vollbeladenen Mopeds mitten auf der Hauptstrasse im lebhaften Marktflecken stehen lassen, unser ganzes Hab und Gut lag beim Campen im und ums Zelt verteilt, wir konnten in der Wueste einfach anhalten, einen Platz zum Campen suchen und dort ueber Nacht bleiben, auch Khartoum beim Nacht war kein Problem.

 
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