Tagebucheintrag vom 26.12.2005
 
Von Wad Medani bis Gedaref
 

Gedaref, den 26.12.2005

Zweihundertvierzig Kilometer waren es von Wad Medani bis Gedaref. Die Strasse war wie gestern voll mit schwerbeladenen LKWs. So richtig Spass macht das fahren auf dieser Rout trotz hervorragendem Belag wirklich nicht. Jeder der Lastzuege bringt beim ueberholen oder beim entgegenkommen auf dem schmalen Asphaltband einen ungeheuren Windstoss und eine riesige Staubwolke mit. Wir sind ganz schoen geschafft und muessen und trotzdem sehr konzentrieren, unzaehlige Fahrzeugwracks im Strassengraben sprechen da eine deutliche Sprache.
Auffallend sind heute die vielen Tieflader mit Spaeh und Kampfpanzern der UN die uns auf ihrem weg aus Port Sudan entgegenkommen. Die meisten davon gehen wohl nach Darfur wo das UN Kontigent aufgestockt wurde.
In der flachen Landschaft sehen wir immer mehr die typischen afrikanischen Doerfer mit den charakteristischen Rundhuetten. Es sind die Ansiedlungen Aethiopischer Fluechtlinge die sich waehrend des langen Krieges in den Sudan gefluechtet hatten. Die meisten von Ihnen sind in der Zwischenzeit im Sudan heimisch geworden.
Nach 230 Kilometern, quasi an der Stadtgrenze von Gedaref bleibt meine Schwalbe stehen, Benzin ist alle. So tanken wir also am Strassenrand unsere Mopeds aus dem Kanister auf. Es ist wieder heiss geworden und wir sind doch ziemlich geschafft von der wilden Jagd auf der Landstrasse. Beim ersten Hotel gegenueber der Tankstelle will man uns fuer ein Zimmer 60 US Dollar abnehmen, der halbe Monatslohn eines Sudanesen. Also versuchen wir unser Glueck beim Busbahnhof, ein todsicherer Tip fuer bezahlbare Unterkuenfte. Im Amir Hotel werden wir fuendig. Unsere Mopeds muessen wir jedoch ueber mehrere Stufen in die Eingangshalle hochschleppen, eine ganz schoene Schinderei. Schliesslich ist aber auch das geschafft und Claudia versucht erstmal ihren Kreislauf wieder in Schwung zu bringen. Wegen der hektischen Fahrerei waren wir heute noch nicht zum Essen.
Beim warten vor dem Hotel hatte sich im Nu eine dichte Traube um Claudia und unsere Mopeds gebildet. Im Sudan ist das kein Problem, die Menschen sind wirklich nur neugierig, wir sind quasi kostenloses Kinoprigramm, und immer ist ein Sudanese dabei der herrvorragend Englisch spricht. Eine gute Gelegenheit ins Gespraech zu kommen. Mit Mohammed verabreden wir und fuer spaeter. Schliesslich ist alles soweit versorgt und die Mopeds und das Gepaeck verstaut. Beim Fuhl essen treffen wir dann Mohammed und seine Brueder. Er stammt urspruenglich aus Darfur und erzaehlt uns von dem schoenen Land das aufgrund der politischen Lage vom Paradies zur Hoelle wurde. Die sudanesen sprechen sehr offen ueber ihre Unzufriedenheit mit politischen Entscheidungen ihrer Regierung. Die Teilung des Landes ist frappierend. Die beherrschende arabische Bevoelkerung macht sich nur ganz selten die muehe mit den afrikanischen Sudanesen zu kommunizieren. Offizielle Sprachen im Sudan sind Englisch und Arabisch. Viele afrikanische Sudanesen sprechen kein arabisch. Die Araber im Sudan sprechen jedoch nur sehr selten Englisch, das Land ist zu einem grossen Teil einfach sprachlos.
In Khartoum ist es besonders schwierig fuer nicht arabisch sprechende. Saemtliche Aemter und Behoerden sind in arabischer Schrift ausgeschildert.
Im Teehaus treffen wir dann noch einen Exil Aethiopier. Er ist mehr oder weniger illegal im Sudan, kann aber aus politischen Gruenden auch nicht zurueck nach Aethiopien. Dieser flecken Erde ist ganz schoen in Unordnung. Viele Menschen werden zwischen den nicht enden wollenden Streitigkeiten im Dreilaendereck Eritrea, Aethiopien und Sudan aufgerieben. Abgeschnittern von ihrer Familie und ihrem sozialen Umfeld versuchen sie sich mehr schlecht als recht durchzuschlagen, nicht wenige traeumen von einem Leben im reichen und sicheren Europa.
Wir kuemmern uns noch einmal um unsere Mopeds und kaufen den letzten Proviant fuer die Fahrt zur Aethiopischen Grenze ein. Es sind knapp zweihundert Kilometer bis zum sudanesischen Grenzposten bei Gallabat. Der groesste Teil davon ist Piste, der Sudan verabschiedet sich standesgemaess. Wir hoffen dass wir die Strecke trotzdem in einem Tag bewaeltigen. Mit etwas Glueck bleiben uns ja die Geroell und Sandfelder erspart. Die beruechtigten Marschloecher auf dieser Strecke beim Anstieg ins Hochland von Abessinien sollten im Moment eigentlich trocken sein. Wir werden ja sehen.

 
 
 
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