Tagebucheintrag vom 23.12.2005
 
Die tanzenden Derwische von Omdourman
 

Khartoum/Omdourman 23.12.2005

Jeden Freitag wirbeln die Mitglieder des Sufi Ordens der Hamed el Nil Moschee durch den Staub des gleichnamigen Friedhofs. Mit lautstarken Ilah Illah rufen bringen sich die Derwische beim Halgt Zikr an den Rand der Ekstase. Ein touristischer Pflichttermin bei einem Besuch in Omdourman.
Am fruehen Nachmittag geht es also los. Waehrend beim Blue Nile Sailing Club, unserem Campingplatz direkt am Ufer des Blauen Nils, eine Segelregatta stattfindet, fuehrt die Taxifahrt auf die andere Seite des Weissen Nils nach Omdourman. Im Moment hat der Blaue Nil Niedrigwasserstand und aehnelt mit seinen Kanalartigen Uferbefestigungen und der Wasserqualitaet doch stark dem heimischen Neckar. Nach kurzer Fahrt ist der Friedhof mit der kleinen Moschee erreicht. Ein freundlicher Derwisch in klassischem Outfit begruesst den Touristen mit stark amerikanisch gefaerbtem Englisch und erklaert routiniert den weiteren Ablauf dieser einmaligen Veranstaltung. Punkt 16.30 Uhr beginnt die Show mit einem Vorgeplaenkel. Zwei Trommler werden da im kleinen Kreis lustige Sudanesische Volksweisen zum besten geben. Teile des Publikums werden dann mit einstimmen und rythmisch diese Darbietung unterstuetzen. Gegen siebzehn Uhr werden dann die Mitglieder des Sufi Ordens einen weiten Kreis bilden und sich unter der Wiederholung der Formel Allah Il Allah in Ekstase tanzen.

Gegen 16.15 Uhr treffen dann saemtliche zur Zeit in Khartoum weilenden weissen Touristen auf dem Friedhof ein. Es sind so um die fuenfzig traveller, und wirklich, schlag 16.30 Uhr beginnen die Barden zu singen.
Ein Kollege der Khartoum Times ist ebenfalls erschienen. Er fotografiert die Touristen fuer einen Bericht ueber Tourismus im Sudan. Wir Touristen fotografieren die Saenger und die Sufis, und der grosse Organisator gibt per Handy Anweisungen an die Derwische die ja um siebzehn Uhr in voller Mannschaftsstaerke erscheinen sollen.
Man muss es klar sagen, ein Spitzen Event, jeder hat seinen Spass und seine Freude und es herrscht eine richtige Feststimmung.
Es beginnt das grosse Kameratauschen. Tourist mit Sufi, Derwisch mit Tourist, kind mit Tourist und Derwisch...., eine wahre Bilderorgie.
Schliesslich erscheinen die Sufi Brueder mit gruenem Banner und rythmischem Stampfen. Der Platz wird von einem energischen und imposanten Derwisch mit langen Dreadlocks geraeumt. Ein weiter Kreis wird gebildet und die Trommeln schlagen lauter. Staub wirbelt, Illah Illah toent es rythmisch, immer schneller werdend ueber den Platz. In der Mitte des Kreises wirbeln einige bunt gewandete Mitglieder des Ordens bis Sie schliesslich unter rythmischen Zuckungen zusammenbrechen. Der Oberpriester mit der Rastafrisur sorgt fuer ihre medizinische Behandlung. Es ist wie fast alles im Sudan eine reine Maennerveranstaltung. Die Frauen stehen als Zuschauerinnen am aeussersten Rand und klatschen im Rhythmus der Tommeln mit.

Fuer viele Muslime ist diese Art der Anbetung jenseits aller Vorstellungskraft. Es wirkt auch sehr befremdlich die gruen gewandeten Rastas mit ihren Taenzen mit den strengen Beduinen in der Wueste demselben Glauben und derselben Religion zuzuordnen.
Bei Sonnenuntergang, zur Zeit des Abenddgebets bricht der Tanz abrupt ab. Die versammelten Glaeubigen beten gemeinsam bevor sie den Tanzplatz verlassen. Bis naechsten Freitag. Zufrieden verlassen alle den staubigen Friedhof, der Organisator Derwisch winkt freundlich und erleichtert mit seinem handy, ma salama.

 
 
 
 
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