Tagebucheintrag vom 11.12.2005
 
Special: Aegypten Teil 2 - von Claudia
 
Wir sind etwas entspannter. Das erwartete DHL Paket aus Deutschland mit den Ersatzteilen ist nach 8 Tagen, vielen Telefonaten mit dem DHL Buero in Kairo, nach einem zweimaligen Besuch der DHL Agentur in Assuan und nachdem wir insgesamt drei mal die Kopie des Reisepasses nach Kairo gefaxt haben, doch noch bei uns angekommen. Wir konnten die Schwalben reparieren, denken die Weiterreise in ein paar Tagen kann klappen. Vielleicht faerbt sich mein entspannterer Blick auch auf den Blick auf Aegypten ab? Zumindest habe ich das Gefuehl, dass gerade alles nicht mehr ganz so hektisch ist. Zwar sind die bekannten grossen Probleme immer noch allgegenwaertig. Aber wir treffen immer wieder auf Leute, die kleine Probleme erkennen und die nicht achselzuckend weiterhin in Lethargie verfallen, sondern die dann ihren Job machen und dieses Problem aus der Welt schaffen. Der nette Angestellte bei der DHL Agentur in Assuan, der sich natuerlich unsere ganze Wut darueber anhoeren musste, dass das Paket immer noch nicht da ist und der ziemlich verzweifelt versucht hat in Kairo etwas zu bewegen und uns erstmal mit Tee versorgt hat. Der Angestellt bei der Tourist Information, der uns, als er erkennt dass es zu schwierig ist uns den Weg zum Zollbuero zu beschreiben, einen seiner Hilfsgeister mitgibt. Der uns zum Gebaeude bringt (kaum zu glauben dass hier ein offizielles Amt untergebracht ist), sich durch die Flure und Zimmer fragt und als er feststellt, dass kein maennchliches Wesen zustaendig sein will auf die hervorragende Idee kommt ein Buero mit einer weiblichen Angestellten zu suchen. Diese erweist sich als kompetent und zupackend. Unser Anliegen das vor ihr liegende Paket per Post nach Deutschland zu schicken, kann sie ja noch verstehen. Als sie den Inhalt sieht (unter anderem Steffens Motorradjacke, ein Stapel Postkarten...) bricht grosses Gelaechter in Raum aus. Ausser der Angestellten sind noch drei weitere, ich vermute mal Besuch, Damen im winzigen Raum.  Ziemlich rasch werden alle Formalitaeten erledigt, das hauseigene Faktotum wird, nachdem es nochmals frischen Tee gebracht hat, zum naechsten Papiershop geschickt und unser Paket bekommt noch ein huebsches Geschenkpapier aussen rum. Alles wird sehr gut mit Klebeband (gut dass wir eine neue Rolle gekauft haben) eingepackt und am Ende wird das Paket versiegelt. Ich fuelle eine Menge Papiere aus, zahle nur 8 EP und wir koennen uns auf den Weg zur Post machen. Da Madam vom Zoll aber weiss wie das mit den Touristen ist, gibt sie uns ihr Faktotum lieber mit. Dieser traegt das Paket und weiss auch den Hintereingang bei der Post, so dass wir direkt im Schalterraum (und nicht davor im Publikumsbereich) herauskommen. Nachdem 6 weitere Menschen unser Paket in den Haenden hatten und wir viel Geld bezahlt haben, wird es auf den langen, langen Weg nach Deutschland gebracht. Ein Herr bei der Post meinte, und dem stimmen wir zu, ca. 2 Monate wuerde das Paket brauchen. Aber es hat geklappt. Nasor Ramadan, die Reinigungskraft im Hotel meint dennoch Assuan waere kein guter Ort zum Wohnen. Zu teuer, zu viele Leute, die nur Geld machen wollen... Aber wir haben inzwischen auch eine Menge netter Aegypter kennengelernt. Es scheint auch so, dass die Menschen auf der Strasse nicht mehr so angespannt sind. Die Wahlen sind vorbei. ich finde in den Tagen vor dem dritten Wahlgang war ueberall eine Anspannung zu spueren.
Ein weiteres interessantes Phaenomen tritt auf, wenn man eine Zeitlang am selben Ort weilt. Automatisch bilden sich Gewohnheiten heraus. Sei es, dass man haeufiger zum gleichen Getraenkeshop geht, weil dieser guenstig liegt oder dass man oefters zum gleichen Koshari Restaurant geht. Und siehe da, die eingekauften und konsumierten Sachen werden guenstiger. Man kommt mit den Leuten ins Gespraech, man erkennt sich wieder und ploetzlich bezahlt man weniger. Bei "meinem" Getraenkeshop um die Ecke hat sich der Preis fuer Cola und Fanta inzwischen halbiert und bleibt konstant bei diesem niedrigeren Preis. Beim Sandwichman, dort gibt es auch hervorragend mit Spinat gefuellte Teigfladen, werden wir per Handschlag begruesst. Ali hat uns das Foto seines 1jaehrigen Sohnes gezeigt und die Preise sind inzwischen von "Tourist" fast auf aegyptische Verhaeltnisse gefallen.
Ueberhaupt das Essen. Ich schwaerme ja immer noch vom Essen in Syrien, aber auch hier in Aegypten gibt es leckere Sachen. Z.B. das im Lonely planet als noddle-rice-spice thing bezeichnete Koshari. Immer noch mein aegyptisches Leibgericht und einfach nicht zu beschreiben. Leider fehlen die Saftshops. Weder auf dem Sinai, noch am Roten Meer noch hier in Assuan sind wir wirklich fuendig geworden. Zwar gibt es viele Fruechte auf dem Markt, aber die wenigen Saftshops bieten nur Orangensaft und Zuckerrohrsaft an. Vor zwei Jahren in Kairo war ich von den zahlreichen Saftshops begeistert.Und in Syrien fanden wir an jeder Ecke einen wirklich gut ausgestatteten Saftshop und haben uns jeden Tag ein paar Vitamine gegoennt.
"A book could be written about women travellers and their misadventures in Egypt" meint der lonely planet africa on a shoestring. Ich habe auch schon viel darueber gelesen und gehoert. Dass Touristinnen (auch in Gegenwart des maennlichen Partners) angemacht und auf der Strasse im Vorbeigehen angetatscht werden. Daher war ich bei meinem ersten Besuch in Aegypten vor zwei Jahren positiv ueberascht, dass dies nicht der Fall war. Und auch bei dieser Reise hatte ich bisher keine groesseren Probleme. Wenn ich in den kleinen Gassen im Souk alleine unterwegs bin, beim Einkaufen oder bummel werde ich nicht haeufiger angequtascht wie ein Mann. Hier ist ein gewisses Alter endlich mal von Vorteil. Ein weiterer Vorteil sind die dunklen Haare und dunklen Augen. Wenn Steffen nach seiner Nationalitaet gefragt wird, wird bei mir sehr oft noch mal nachgefragt, ob ich denn auch Deutsche waere. Es gibt auch genuegend hellhaeutige Aegypterinnen mit dunklen Augen und Haaren. Und ich denke es kommt auch auf die Bekleidung an. Die Bekleidung mancher, vor allem jungen Touristinnen ist fuer ein muslimisches Land nicht geeignet. Das gibt den aegyptischen Maennern natuerlich nicht das Recht, diese Frauen wie Prostituierte zu behandeln. Aber in dieser Gesellschaft ist nackte Haut genauso Tabu wie Sex ausserhalb der Ehe. Wie gesagt, kein Mann hat das Recht einfach im vorbeigehen eine Frau zu betatschen egal was sie anhat. Einfacher haben es Touristinnen die in langaermeligen Hemden und Hosen durch die Gegend laufen, bei uns Hellhaeutigen uebrigens auch nicht schlecht gegen Sonnenbrand oder Moskitos.
Obwohl ich gerade alles etwas entspannter sehe, freue ich mich auf die Weiterfahrt. Aegypten ist kein "einfaches" Land, vieles ist kompliziert und wird durch unfaehige und handlungsaengstliche Leute noch komplizierter gemacht.
 
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