Tagebucheintrag vom 07.11.2005
 
Abwarten und Tee trinken an der türkisch-syrischen Grenze (Türkischer Zoll Teil II) - von Steffen
 
Nachdem die Einreise in die türkische Republik schon von Computerpannen begleitet war ( siehe auch Logbuch 01.11.2005 ), sahen wir in gespannter Erwartung der Ausreise in das benachbarte Syrien entgegen.
Um es vorweg zu nehmen, alle Erwartungen wurden erfüllt, wenn nicht gar übertroffen und wir überlegen ernsthaft eine Reality show mit unseren türkischen Zöllnerfreunden für das Pay TV zu produzieren.
Doch der Reihe nach, um 5.30 Uhr weckt uns der freundliche Muezzin vom Minarett gegenüber unserem Hotel in Antakia und schickt uns auf die Weiterreise nach Osten. Allahs Licht leuchtet nicht allzu sehr über unseren Köpfen, stattdessen schickt er Tränen der Trauer ob unserer zeitigen Abreise aus türkischen Landen, die uns in Form von Regen bis zur Grenze begleiten.
Fünf Kilometer vor der eigentlichen Zollschranke beginnt der Rückstau der LKWs,die auf die Zollabfertigung zur Weiterfahrt nach Syrien warten. Die Türkei hat nach dem Ende des Ramadans gerade vier Feiertage hinter sich gebracht und die haben sich in Form einer endlosen Warteschlange aufgestaut. Wir fahren knatternd an allen wartenden Brummis vorbei und werden auch gleich beim Erreichen des Zollhofs von einem freundlichen Zollschleuser hinter die Schranke bugsiert.
Als nächstes werden unsere Mopeds fein säuberlich am Rand des Platzes aufgereiht und wir werden in das Innere des Zollgebäudes geleitet. Es ist exakt 8.30 Uhr als wir das Gebäude betreten. Drei Minuten später sind unser Carnet de Passage und unsere Pässe beim zuständigen Beamten. Um 8.35 Uhr erhalten wir unser erstes Glas Tee und wir werden auf zwei Plastikstühlen vor einen Heizstrahler gesetzt. Um 8.40 Uhr kommt das Zollfaktotum und bringt zum einen ein weiteres Glas Tee und dazu noch eine Art Käsetoast.
8.45 Uhr, der Käsetoast ist aufgegessen und das zweite Teeglas geleert, wir wären bereit für die Weiterfahrt und es trennen uns eigentlich nur drei Stempel von der Weiterreise nach Syrien.
Um 8.50 Uhr hören wir im lustigen Gespräch der Zollbeamten ( auf türkisch ) eine Formulierung die sich entfernt wie Computer Problem System anhört, wir beginnen unsere inneren Entspannungsübungen vorzubereiten.
Unsere Zöllner haben sehr viel Spaß miteinander, sie haben sich ja auch einiges zu erzählen ( vier Feiertage ) und es scheint als seien die Jungs auch sonst eine ganz fidele Bande, die sich gerne mal zum Backgammon spielen trifft.
Ein LKW Fahrer erscheint in unterwürfiger Haltung und fragt wohl nach Fortschritten in der Abfertigung, er wird höflich des Zimmers verwiesen und mit einem Tee ruhig gestellt, in der Zwischenzeit sind der örtliche Schuhputzer und der Zeitungsausträger eingetroffen.
Das Telefon klingelt, der Zöllner hinter dem Monitor ruft mehrmals Tamam, hämmert auf mehrere Tasten und es erscheint das Hintergrundbild auf dem Bildschirm, eine Winterlandschaft mit sehr viel Schnee.
Es ist 9.30 Uhr, Ahmed, das Zollfaktotum mit dem Tee, ist in der Zwischenzeit unser bester Freund und versorgt uns rührend mit diesem Getränk.Ich erkundige mich nach einer Toilette.
In der folgenden Stunde wiederholen sich in unterschiedlicher Reihenfolge die Besuche des Schuhputzers, der LKW Fahrer, die Telefonanrufe und natürlich die Auftritte von Ahmed, unserem Teemann für alles.
Ach ja , das große Buch zum Eintrag unerer Carnets liegt eigentlich seit 8.50 Uhr auf dem leeren Schreibtisch, mit Zitronenwasser gereinigt jedoch ansonsten unbeachtet.
Claudia hofft dass Sie unserer bald überdrüssig werden, ich habe da eher Bedenken von Ahmed adoptiert zu werden, doch dann erscheint unser Schleuser wieder auf dem Plan. Er versprüht Optimismus und etwas Zitronenwasser im Raum, letzteres sorgt für einen frischen Duft im verräucherten Büro.
Die LKW Schlange hat sich zum Leidwesen unserer Zollbeamten leider nicht in Wohlgefallen aufgelöst, vielleicht ist sie dafür einfach zu lange. Ausserdem steigt der Druck der Einreisenden aus Syrien, offensichtlich haben die Kollegen im benachbarten Ausland entweder kein Computerproblem oder keinen Computer.
Die Lage ist Ernst, die Dämme drohen zu brechen, schließlich ergreift unser Schlepper die Initiative und öffnet das grosse Buch...., zehn Minuten später durchfahren wir das Niemandsland in Richtung Syrien.
 
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