Tagebucheintrag vom 21.06.2005
 
Hoher Berg und weites Tal - Eine Fahrt mit den Simson Schwalben über die Höhen des Schwarzwalds ins liebliche Donautal - von Steffen
 
Hohe Berge im Schwarzwald? Passhöhen, heißgelaufene Motoren und qualmende Auspufftöpfe?
 Alles eine Frage des Fortbewegungsmittels!
Claudia Schäfer und Steffen Honzera wollten es wissen und fuhren mit ihren beiden Simson Schwalben, bestückt mit 50ccm, 3,4 PS und drei Gängen, bepackt mit Schlafsack, Zelt und Isomatte 600 Kilometer über die Höhenzüge der baden-württembergischen Mittelgebirge.

Doch der Reihe nach:

Es ist Mitte Juni 2005, die meisten Vorbereitungen für unseren Schwalbenflug nach Afrika sind abgeschlossen. Nur die beiden Simson Schwalben warten noch auf ihre abschließende Testfahrt. In Äthiopien gibt es hohe Berge, also ab in den Schwarzwald und auf die Alb zum Klettertraining mit unseren Reisevögeln.

Pünktlich zur Abfahrt beginnt der Regen, deutscher Sommeralltag. Doch klaglos knattern unsere beiden Ostprodukte Baujahr 1972 und 1974 über die ersten noch sanften Hügel bis zur  Abfahrt ins Nagoldtal.
Erster Härtetest für die "ausreichend dimensionierten Trommelbremsen"( Werbetext VEB Ernst Thälmann, Simson Suhl ). Nun ja, wir bremsen vorausschauend.
Vorbei an der Klosterruine Hirsau steuern wir die erste Bergwertung nach Oberreichenbach an.
Erstaunlich locker knattert es sich bergauf, trotz voller Taschen und strömendem Regen erreichen wir die Passhöhe. Bei der ersten Schutzhütte stellen wir uns vorübergehend unter. Die Abzweigung führt hier nach Siehdichfür, schöner Name für eine Ortschaft.
Furchtlos machen wir uns an die grandiose Abfahrt nach Calmbach. Schrecken können uns die Talflüge nicht mehr, die Bremswege kennen wir ja in der Zwischenzeit und jenseits der 70 km/h Marke wird der Schwalbenflug sowieso zum Rodeoritt.

Der Ernst des Lebens beginnt für die beiden Mopeds kurz vor Enzklösterle beim Abzweig nach Kaltenbronn. Die Passstraße zum Schwarzmiss (933 m ü.NN) liegt vor uns und wir passieren die württembergische Landesgrenze ins benachbarte Ausland nach Baden.
Auch hier bewähren sich unsere Expeditionsfahrzeuge vortrefflich, im Zweiten von drei verfügbaren Gängen erreichen wir die Passhöhe eingehüllt in eine blaue Wolke. Der Regen bleibt in der Heimat zurück und nachdem sich der Auspuffqualm unserer Schwalben verzogen hat, erhaschen wir zwischen den Wolkenfetzen einen ersten grandiosen Blick ins Murgtal.

Starker Verkehr herrscht auf der Murgtalstraße nach Freudenstadt. Bei Raumünzach biegen wir deshalb in Richtung Schwarzenbachtalsperre ab und fahren durch das Hundsbachtal zur B 500. Im ersten ( ! ) Gang erreichen wir die legendäre Schwarzwaldhochstrasse, Ohrenstöpsel werden für die Schwalbenpiloten zur Pflichtausstattung.

Selbst Mitte Juni ist es noch empfindlich kühl auf dem grandiosen Höhenzug über dem Rheintal. Die Vogesen grüßen im Westen und wir fliegen vorbei am Mummelsee zur Höhenherberge Zuflucht. Durch die unwirtliche Landschaft mit ihrer hochalpin anmutenden Vegetation, eingemummt in alle verfügbaren Kleidungsstücke, geht es weiter zur Alexanderschanze.
Hier stürzen wir uns von den frostigen Höhenzügen des Nordschwarzwalds hinab in die Tiefe des malerischen Wolfachtals.
 Der erste Tankstopp ist in Schappbach und erste technische Ausfälle sind zu beklagen: Claudias Tachoantrieb hat den Dienst quittiert.
Nun den, allzu genau war dieses Messgerät bisher sowieso nicht und wir bestimmen die maximale Geschwindigkeit mit Hilfe der Geschwindigkeitsanzeigen am Ortseingang. "Sie fahren 61 km/h" Na also, und das mit 50 Kubik!

Auf der Fahrt nach Hornberg surfen wir zwischen den unzähligen Bussen und Sattelschleppern, die im Hochgeschwindigkeitsrausch durchs Gutachtal donnern. Endlich die Abzweigung nach Langenschiltach erlöst uns und die Brummifahrer vom Katz und Maus Spiel der Landstraße.

Hier finden wir sie dann: Die schwarzwälder Postkartenidylle!
Einsam steht das Gehöft im malerischen Tal, Kühe ziehen grasend über die saftigen Bergwiesen und der Eichelhäher kündet mit seinem Schrei vom Nahen der zweirädrigen Zweitaktvögel aus dem Osten der Republik.
Wir erreichen Neustadt am frühen Abend und in Anbetracht der Wetterlage gönnen wir uns den Luxus eines Zimmers. „Bikers Welcome“ steht am Eingang und zum Schlafen rollen wir unsere beiden Schwalben in die Garage der Herberge, wohl behütet zwischen Harley-Davidson und BMW.

Der neue Morgen sieht uns am höchsten Punkt der Tour. Die Passhöhe am Feldberg liegt auf 1200 m ü.NN. Da sind wir dann schon ein wenig stolz auf das Erreichte und im Überschwang der Gefühle geht es mit satten 70 km/h, gefühlt entspricht das mindestens 70 m/ph, die breite Passstraße hinab nach Todtnau.

 Was nun folgt ist der landschaftliche Höhepunkt der Tour. Grandios geht es über Berg und Tal und schließlich erreichen wir durch das Ibachtal die Große Albschlucht.
 Dieses Kleinod im Südschwarzwald befahren wir gleich zweimal, zu schön ist die Fahrt durch die Felsentunnel entlang an den Natursteinmauern.


Am späten Nachmittag verlassen wir den Schwarzwald und erreichen das Donautal bei Beuron. In der Zwischenzeit hat sich der Sommer auch mit den entsprechenden Temperaturen zurückgemeldet und so steuern wir für die Nacht den malerischen Campingplatz in Hausen i.T. am Ufer der jungen Donau an.

Fast schon enttäuschend zuverlässig versehen die Schwalben ihren Dienst. Jede Steigung wird klaglos genommen, der Benzinverbrauch pendelt sich bei 2,5 Litern Gemisch 1 + 50 ein und die Motoren schnurren knatternd vor sich hin.
Im Schatten der weißen Felsen bauen wir unser Zelt auf und fühlen uns so ein bisschen wie auf ganz großer Fahrt. Und nur die Straße kennt den Weg in den Sonnenuntergang...

Die Heimfahrt am nächsten Tag durch das Bärenthal über die Schwäbische Alb erfordert in  Balingen noch einmal höchstes navigatorisches Geschick: alle Wege aus der Stadt führen unweigerlich zur Kraftfahrstrasse, die wir meiden müssen und wollen. Aber schließlich ist auch hier ein Ausweg gefunden. Die Hügel werden flacher, die Felder größer und schließlich stehen wir wieder vor unserer Werkstatt. Probefahrt erfolgreich absolviert. Jetzt freuen wir uns auf die äthiopischen Berge in Afrika.

Info zur Schwarzwaldtour:

Tag 1:
Weil der Stadt-Hirsau-Bad Wildbad-Schwarzmiss (933 m ü.NN) - Forbach -Hundseck -Mummelsee (Schwarzwaldhochstrasse 1000 m ü.NN) -Schappbach -Wolfach -Hausach -Langenschiltach -St.Georgen -Neustadt
ca. 220 km (geschätzt nach Simson Tacho)

Tag 2:
Neustadt-Feldberg Passhöhe (1200 m) - Todtnau - Utzenfeld - Bernau - Todtmoos - Ibach - Große Albschlucht - Waldkirch - Schluchsee - Bonndorf - Blumberg - Geisingen - Tuttlingen - Beuron - Hausen i.Tal
ca. 260 km (geschätzt nach Simson Tacho)

Tag 3:
Hausen i.T.-Bärenthal-Balingen-Haigerloch-Eutingen-Wildberg-Weil der Stadt
ca. 120 km (geschätzt nach Simson Tacho)

Unterkünfte in Neustadt z.B. Hotel Gasthof Bären, 07651-1515, Bikers Welcome, Garage für Motorräder hinter dem Hotel
Wunderschöner Zeltplatz in Hausen i.Tal direkt an der schönen Donau im Schatten der eindrucksvollen Felsen
 
Im Regen ging`s los...
Im Regen ging`s los...
Der höhste Punkt der Schwarzwaldtour: der Feldberg
Der höhste Punkt der Schwarzwaldtour: der Feldberg
 
zurück